So schnell kann´s gehen. Heute morgen startet alles wie erwartet: Der Portier diskutiert mit mir über Samstag, mein Chef spricht nicht mit mir, die deutschen Partner fragen, ob Sicherheitsgefahren bestehen. Doch dann kommt überraschend die Wende. Am Abend wird mir klar, welches ganz grosse Spiel Argentinien grade wirklich spielt.
28. Juni 2010, 41 Jahre nach dem Stonewall-Aufstand. Vor dem Kongress in Buenos Aires versammlen sich mehrere 10.000 Menschen, um für die Hochzeit von Schwulen und Lesben einzutreten. Am 14. Juli wird der argentinische Senat (Vertreter der Provinzen) darüber abstimmen, ob Argentinien die Ehe Schwulen und Lesben öffnet.
Das argentinische Unterhaus hatte bereits im Mai für die Gleichstellung homosexueller Paare gestimmt. Ein unglaublicher Erfolg, der noch vor ein paar Jahren undenkbar gewesen wäre. Vorausgegangen war dem Votum ein Gerichtsurteil, das die Geltung der Ehe nur für Heteros als verfassungswidrig einstufte und die Heirat eine schwulen Pärchens zuliess. Das löste eine Lawine aus. Viele andere Schwule und Lesben folgten, um sich gerichtlich Zugang zur Ehe zu verschaffen. 4 rechtskräftige Homo-Ehen zählt Argentinien bereits. Die Legislative muss nachziehen. Und plötzlich sind alle dafür. Unter Druck bildet sich ein bereites Parteienbündnis von Teilen der Konservativen, Sozialdemokraten. Peronisten, Linken und stimmt im Hauruckverfahren für die Homo-Ehe. Jetzt fehlt nur das Oberhaus. Im Senat wird es spannend werden, der Ausgang ist offen.
Und was ist das für ein Gesetz! Der Entwurf sieht vor, im Paragrafentext einfach die Worte Mann und Frau durch Partner zu ersetzen. Einfach austauschen. Kein neuer Paragraph, kein neuer Abschnitt, kein neuer Satz. "Partner" sollen die Ehe führen. Und plötzlich wird die Ehe ein homo-offenes Institut, mit selbstverständlichem Zugang zu allen Rechten und Pflichten. Argentinien wäree das erste Land Lateinamerikas, das die Ehe den Homos öffnet.
Wir kleinlich waren wir Deutschen dagegen in 2001, als wir das Lebenspartnerschaftsgesetz einführten. Schon der Titel macht klar, und das ganze Rechtsinstitut will es so: Die Homos sind anders. Ihre Liebe ist anders. Ihre Rechte auch. Eine Rednerin kommentiert auf der Bühne diesen Vorschlag, der auch in Argentinien die Runde macht. Hätten sich die Schwarzen vor einigen Jahrzehnten freuen sollen, dass sie auf den Bänken hinten im Bus Platz nehmen mussten? Hauptsache, sie durften überhaupt mitfahren?
Die, die jetzt laut gegen das Gesetz schreien, sagt ein anderer, die seien der beste Beweis, dass wir das Gesetz brauchen. Das argentinische Volk wolle und brauche mehr Gleichheit, es solle wie bei der Aufarbeitung der Diktatur wieder voran gehen und die Menschrechte verwirklichen. Dann singt der ganze Platz die Nationalhymne: Libertag, libertad, libertad.
Vamos Argentina! Das ist ganz grosser Fussball!
6 Kommentare:
Und die Kirchen der Reformation unterstützen die Gesetzesinitiative (http://www.iglesiaevangelica.org/men_hemosdicho.htm#matrimonios), auch da könnte man sich in Deutschland noch ne Scheibe abschneiden.
Y de paso: Es gibt wenn ich das richtig sehe inzwischen 7 geschlossene Homo-Ehen in Argentinien (auch wenn es immer mal wieder zu Justizkonflikten darum kommt).
Es bleibt die WM der Südamerikaner (Paraguay)!
Und jetzt können wir auch noch bei den elementarischen Menschenrechten bei den Argentiniern abschreiben! Aber immerhin haben wir in den letzten 30 Jahren Gott sei Dank doch einiges gelernt...!
Lernfähigkeit und verändertes Bewusstsein unserer Politiker werden auch künftig zu weiteren Verbesserungen und einer selbstverständlichen Gleichheit
führen, davon bin ich fest überzeugt - und Dumme sowie ewig Gestrige gibt es nicht nur auf dem Feld der sexuellen
Orientierung!
Alles Beste Für die zukünftige Entwicklung in Südamerika, Europa und auf der ganzen Welt - und das bei ALLEN Menschenrechten!
Bert
Jep, du hast vollkommen Recht Hendrik, danke fuer die Hinweise! Und damit die Argentinier bei Menschrechten und auf dem Rasen auch weiterhin die Nase vorn haben, schaut euch mal an, was euer Bundestrainer waehrend des Spiels so treibt:
http://www.misionmundial.com.ar/equipos/alemania/Joachim_Low-Alemania_3_289201081.html
(Schoen eingefangen und zur Schau gestellt von der argentinischen Presse!)
Uebrigens ist mit Paraguay heute mein eigentlicher Favorit ins Viertelfinale gekommen. Aber wie soll ich das nun wieder erklaeren???
Und seit gestern 8: http://www.agmagazine.info/2010/06/30/otra-pareja-gay-se-caso-en-la-ciudad-de-buenos-aires/
“Esperamos que éste sea uno de los últimos casamientos que sale por la justicia, y que desde el 15 de julio haya que hacer simplemente un trámite administrativo para casarse” (Esteban Paulón, FALGBT)
Wieso war ich heute für Uruguay...? Die armen Ghanaer! Aber Paraguay? Finale also Paraguay-?
Lange gerätselt, endlich durch ein Foto beantwortet: deshalb hast du 1990 bei Brehmes Elfer uninteressiert weitergelesen....!
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